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Monument for Wall Holes (monument for seeing something unvisible), concept for a public art project (2006)
Berlin
Monument for Wall Holes


> Episode über die Löcher

Konzept
Diese Installation »Monument für Wandlöcher (Monument für das Sehen des Unsichtbares)« ist eine Art »
Kunst im öffentlichen Raum. Die Installierung eines Kunstwerkes im urbanen Raum ermöglicht den Stadtbewohnern die unerwartete Begegnung mit Kunst im Alltag. Der Hauptbestandteil dieser Arbeit ist eine Wandinstallation an der Außenwand eines Hochhauses, die Luftlöcher darstellt, unter denen einige »echte« Löcher sind. Die Installation ist unscheinbar und undefinierbar als Kunstwerk; Sie würde kaum Fußgängern auffallen. Liest man die Erklärung auf der Tafel, die nicht weit entfernt von der Wand steht, versteht man erst, dass es um ein Kunstwerk geht. Zu sehen ist der unten beschriebene Episodentext über die Luftlöcher, welcher die ambivalente Grenze zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem thematisiert. Durch den Text erfährt der Betrachter, um was es bei diesem Kunstwerk geht: Das Unsichtbare sichtbar zu machen.

Die Arbeit ist dafür konzipiert, dass ihr Aussehen möglichst der Geschichte der Infotafel angepasst und von vielen Menschen gesehen wird. Da die Geschichte in einem Wohnumfeld spielt, sollte das Gebäude, an deren Außenwand die Installation angebracht wird, sich in einem Wohngebiet befinden (optimal wäre es, dass es, wie in der Geschichte, vor der Wand eine kleine Grünfläche gäbe). Für die Arbeit sollte ein Ort gewählt werden, der von vielen Fußgängern gesehen wird.

Wandinstallation
Die »Löcher« werden mit schwarzer Farbe aufgemalt. Unter ihnen befinden sich echte Löcher in der selben Größe. Innen sind die Löcher schwarz ausgemalt. Die gemalten und gebohrten Löcher bilden gemeinsam eine Reihe, während die gebohrten Löcher für sich das Wort »monument« bilden.

monument
monument


Infotafel
Die Infotafel mit der Episode wird neben der Wand an der Straßenseite ausgerichtet, damit es den Fußgängern das Interesse an der Wand wecken kann.
Einseitig wird die Episode beschriftet, und über die Überschrift wird der verkleinerte Lochmuster der Wandinstallation angeordnet. Da die Löcher durchs Licht aufgehellt werden, wird das Word »monument« zum Vergleich mit der Wandinstallation deutlich mehr aufgehoben.

Infotafel


Episode (Text für die Infotafel)

Als ich Kind war, spielte ich öfters auf einem Platz in der Nähe meines Hauses. Am Rand des Platzes stand ein Hochhaus, auf dessen Wand unzählige, in Reihen geordnete Löcher zu sehen waren. Zwar bin ich nicht ganz sicher, aber die Löcher waren nicht schon immer da gewesen. Als ich mit den anderen Kindern zum ersten Mal dort spielte, war die Wand eine stinknormale leere Wand. Am Anfang waren die Löcher unauffällig in einer Ecke, dann füllten sie nach und nach die gesamte Fläche. Deshalb bin ich nicht sofort darauf aufmerksam geworden. Aber da die Wand irgendwann voll mit Löchern war, konnte ich es nicht mehr übersehen. Zur gleichen Zeit haben das auch meine Freunden wahrgenommen.

»Was sollen denn das für Löcher sein?«
»Luftlöcher vielleicht? Für eine bessere Lüftung?«
»Aber dann hätten sie doch die Löcher gleich beim Bau machen können!«
»Es sind die Löcher von Würmern. Genauso wie die Löcher in Käse. Wenn das Haus ein Keks wäre, wäre es ja möglich. Wenn das Haus Reisgebäck wäre, würde ich mal davon probieren.«
»Wie kannst du immer nur vom Essen reden! … Ist da eigentlich niemand hinter den Löchern, der uns beobachtet?«
»Unsinn! So auffällige Spionlöcher gibt es doch nicht.«
»Da es so viele sind, weiß man ja nicht, hinter welchem Loch sie stecken! Es ist mir unheimlich. Stell dir vor, dass hinter jedem Loch einer steht. Wenn es so wäre, würde ich gar nicht mehr hier spielen.«

Uns hat die Erscheinung der geheimnisvollen Löcher beunruhigt, aber letztendlich war es uns egal, ob sie da waren oder nicht. Wir spielten weiter. Die Löcher verschwanden völlig aus unseren Gedanken.

Paar Wochen waren seither vergangen. Ich blieb noch allein auf dem Platz, nachdem die anderen nach Hause gegangen waren. Ich wollte noch sehen, wie die Sonne unterging. Die gleißend leuchtende Orange wurde durch die riesige Reibe des Horizontes ganz langsam immer kleiner. Hier bekommen wir eine Portion geriebene Sonne. Irgendwo hinter dem Horizont liegt bestimmt ein Haufen zerkleinerte Sonne. Über Nacht wird der Haufen zu einer Orange geformt und taucht auf der anderen Seite des Himmels wieder auf. Nachdem die Sonne weggerieben war, war die Stelle, wo sie sich befand, noch rötlich gefärbt. Aber die Farbe sollte gleich vom dunklen Blau weggewischt werden. Ich saß auf der Wiese und dachte an die Ereignisse, die ich heute erlebt hatte. Plötzlich spürte ich, dass jemand da war und wurde aus meinen Gedanken gerissen. Ist da jemand vor der Wand?
An dem Moment habe ich mich wie ein Fremder gefühlt und wurde mir unangenehm. Ich griff das Kraut vor mir. Wie ein Heuschrecke auf einer Gras hielte ich mein Atem an.
Der Fremder starrte hockend eine Stelle an der Wand. Dann holte er einen schmalen Gegenstand aus seiner Tasche und blickte zu mir. Eine Schlagzeile in einer Zeitung blitze in meinem Kopf auf: Gekidnappt? – Kind in der dritten Klasse verschwand auf einem Spielplatz.
Zum Glück übersah er mich und drehte sich zur Wand um. Ich überlegte, ob ich jetzt gehen soll oder nicht, aber wenn ich mich bewegen würde, könnte er mich doch merken. Ich blieb im Busch sitzen und versuchte, möglichst ruhig zu bleiben. Der Typ scheint etwas an die Wand zu schmieren. Mit Aufregung beobachtete ich seinen zitternden Rücken. Nach einer Weile war er mit seiner Arbeit fertig und verlies das Platz. Gut, gut! Ich habe es mit meiner Heuschreckentechnik geschafft! Das Platz gehörte mir wieder.

Nachdem ich rechts und links blickte und feststellte, dass niemand außer mir da war, machte ich die Schritten zur Wand. An der Wand vor dem Ort, wo er stand, war ein frisch gemalter neuer Kreis in schwarzer Farbe zu sehen. Der Kreis war so groß wie die Wandlöcher. In der Dämmerung konnte man die beiden kaum unterscheiden. Als ich an der Wandfläche berührte, haftete keine Farbe an meine Finger, obwohl die Farbe noch etwas feucht war. In der stets dunkel werdenden Dämmerung starrte ich den Kreis an. Ich hatte ein komisches Gefühl, als ob ich in einen mit schwarzem Wasser gefülltem bodenlosen Sumpf stürzen würde, und stützte ich die Wand. Es wäre, als ob eine fremde Welt in meinem gut bekannten Ort erschienen würde. Als ich erneut den Kreis anfasste, war ich überrascht. Meine Finger wurde nicht von der Wand zurückgestoßen, wie man sonst denken würde, sondern ging in die Wand durch. Aufgeregt zog ich meine Finger aus der Wand aus und versuchte ich das gleiche noch mal in Ruhe. Aber ich erlebte das gleiche. Bin ich beklopft? Vom Anfang an war der Kreis kein gemalter Kreis, sondern war es ein Loch. Der Fremder hat hier nichts getrickst und der Loch war schon vorher da gewesen. Ich bog meine Finger hinter der Wand, aber die Finger berührte nichts. Hinter dem Loch scheint leer zu sein. Als ich aber meine Finger kreiselte, bewegte sich der Loch mit meiner Finger zusammen.
Es ist doch unmöglich! Der gemalte Kreis verwandelte sich zuerst in den Loch, dann bewegt er sich jetzt! Es war unheimlich. Ich entfernte meine Finger aus der Wand. Der Loch bewegte sich zur anderen Löcher an der Wand. Bis dahin habe ich nicht bemerkt, dass sich die anderen Löcher auch bewegten. Sie versammelten sich, um eine bestimme Form zu bilden, dann lösten sie sich voneinander. Anscheinend amüsieren sich, Löcheralphabete zu formen, wie wir Menschen Menschenalphabete formen. Manche Löcher schwebte sich in der Luft. Die Variation der Verwandlung führte mich nie zu langweilen. Inzwischen wurde es immer dunkler und schließlich wurde der Platz von der Dunkelheit übermalt.

Zuerst mal wollte ich das als mein Geheimnis lassen. Als ich noch kleiner war, lag ich auf dem Couch im Wohnzimmer. Mein Körper erhob sich und ich erreichte die Decke. Wie ein Astronaut im All schwebte ich mich in der Luft. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Gesichter meiner Eltern mit offenen Mund. Als ich aber später ihnen davon erzählte, haben sie mich gar nicht ernst genommen. Das hieß dann, es sei mein Traum. Trotzdem kann ich heute noch nicht vergessen, wie es aufregend war, während ich in der Luft schwamm. Danach habe ich mehrmalig versucht, noch mal zu fliegen, jedoch gelang es mir nie wieder. Ist es mit Löchern auch nur einmalig? Oder kann ich es noch mal sehen?

Am nächsten Tag konnte ich mich auf den Unterricht kaum konzentrieren. Sofort nach der Schule richtete ich meinen Weg nach dem Platz. Bevor ich es noch einmal selbst bestätigt habe, was ich am vorigen gesehen hatte, wollte ich niemandem davon erzählen. Als mein Auge den Platz gefasst hat, wurde es mir klar, dass meine Vorahnung wahr wurde.
Auf dem Platz waren lauter Menschen und LKWs, die sich um den Gerüstebau vor der Wand hin und her bewegten.
Mehrere Tage lang war die Wand von der Plane bedeckt. Als sie sich wieder zeigte, war sie blass. Kein einziger Loch, sogar keine geringste Flecke war darauf zu sehen. Mein Geheimnis war übermalt. Ist es ein böser Absicht vom jemanden? Habe ich etwas verbotenes gesehen?

**

Meine Wohnung ist voll mit Löchern. Habe ich gerade Lust zu, male ich ein neues Loch dazu. Die Löcher sind Monument. Das Monument für die Erinnerung an die unspektakuläre Fantasie, die niemanden außer mir interessieren würde.
Wenn ich eine Wand eines Hochhaus am Platz sehen werde, werde ich Farbe mitnehmen, um einen Kreis an der Wand zu malen. Auf der mit den kleinen Blüten von Unkraut gefüllten Wiese werde ich bei der Orangenartigen Sonnenuntergang die Schritte zur Wand machen, um einen Kreis an der Wand zu malen. Wenn ich mich umdrehen werde, wird mein Blick zwei kleine Augen treffen, die mich anstarren. Doch werde ich so tun, als ob ich nichts gesehen hätte, und werde weiter einen Kreis malen.




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